Michael Baczko Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht

Rechtstipps zum erfolgreichen Umgang mit Behörden, Gerichten u.a.

Wer zahlt die Kosten der Pflege im Heim, zuhause oder in einer Alters-WG

Wer zahlt die Kosten der Pflege ?

Reicht das eigene Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen und seines Ehegatten / Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz nicht aus, um die Kosten in einem Pflegeheim zu decken oder die Kosten für die Kosten Pflege zu Hause, bzw. in einer Senioren-WG, hat der Pflegebedürftige nach dem Bundessozialhilfegesetz grundsätzlich Anspruch auf Leistungen, die den gesamten Lebensbedarf umfassen.

Dies sind zunächst die Kosten für Unterkunft und zum Lebensunterhalt (Ernährung, Kleidung etc.), dann die Hilfe zur Gesundheit und die Hilfe zur Pflege.
 

Die Hilfen zur Gesundheit greifen nur dann ein, wenn keine gesetzliche Krankenversicherung besteht oder die gesetzliche oder private Krankenversicherung nicht alle notwendigen Leistungen erbringt. Die Hilfe zur Pflege umfasst grundsätzlich alle Kosten der Pflege, welche nicht von der Pflege- oder Krankenversicherung getragen werden.

Auch Pflegebedürftige in Pflegeheimen haben Anspruch auf zusätzliche Leistungen der Krankenversicherung.

Grob gesagt übernimmt die Sozialhilfe die ungedeckten Kosten für die Unterbringung und Pflege in einem Pflegeheim, soweit diese nicht als Leistung der Pflegeversicherung, Krankenversicherung und anderen vorrangigen Leistungsträgern und eigenen Einkommen und Vermögen gedeckt werden können. Zunächst muss das eigene Vermögen bis auf den Schonbetrag von 10.000 € für die Kosten der Pflege etc. aufgebraucht werden.

Beispielrechnung:

mtl. Gesamtheimentgelt (Pflegegrad 4) bei  30,42 Tagen á 138,53 €

      4.214,08 €

abzgl. Zahlung der Pflegekasse- Stufe 4 *)

     -1.841,83 €

Zwischensumme (Gesamtheimentgelt abzügl. Zahlung der Pflegekasse) 

      2.372,25 €

zzgl. Taschengeld

         135,54 €

zzgl. weiterer notw. Lebensunterhalt und ggf. sonstiger Bedarf

             6,88 €

Gesamtbedarf nach Abzug von Pflegeversicherungsleistungen                          

      2.372,25 €

abzgl. Rente

      1.171,27 €

Grundsicherung (Zahlung der Sozialhilfe)

      1.200,98 €

*) Pflegegeld 1.693.00  (Stand 2023)+ Zusatzleistungen der Pflegekasse

Dem Pflegebedürftigen im Heim steht ein Taschengeld zu, welches er nicht für die Pflegekosten einsetzen muss.

Seit Januar 2023 beträgt der Barbetrag (früher „Taschengeld“) um die persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen 135,54 €. Es wird auf Antrag erhöht, wenn, und soweit ein zusätzlicher notwendiger Bedarf besteht, den die Einrichtung nicht deckt und für den der Mindestbetrag nicht ausreicht (z.B. für Internet im Heim, oder wenn ein Heim nicht genügend Nahrung zur Verfügung stellt).

Was muss der Ehepartner zahlen

Auch dem Ehepartner/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz steht ein  Vermögensfreibetrag in Höhe von 10.000,00 € zu.

Bei dem Einsatz des Vermögens ist zu unterscheiden, zwischen Geld, das vorhanden ist, z.B. als Bargeld, auf dem Konto, auf dem Sparkonto etc. und dem sonstigen Vermögen.

Das heißt, hat der eine Ehepartner/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz Vermögen (Besonderheiten gelten bei dem selbst bewohnten Haus, oder der selbst bewohnten Eigentumswohnung), muss er sein Vermögen, welches den Freibetrag von 10.000,00 € überschreitet, einsetzen. Hat also z.B. der im Heim untergebrachte Pflegebedürftiger ein (Spar)vermögen von 15.000,00 €, muss er, auch wenn sein Einkommen + Leistungen der Pflegeversicherung nicht zur Bezahlung der Heimkosten ausreichen, zunächst von diesen 5.000,00 €, welche den Vermogesnfreibetrag von 10.000 € überstreifen, bis diese verbraucht sind, die Heimkosten zahlen. Entsprechendes gilt für den Ehegatten/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Haben die Ehegatten/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz gemeinsames Vermögen (gemeinsames Sparkonto etc.)  wird dieses hälftig aufgeteilt, d.h., überschreitet das gemeinsame Vermögen den Betrag von 20.000,00 €, ist der übersteigenden Betrag zunächst für die Pflegekosten einzusetzen, bevor die Sozialhilfe zahlt. Wenn getrennte Konten bestehen ist dies anders. Befinden sich auf dem Konto des einen z.b: 5.000,00 € und auf dem Konto des anderen 15.000 € müssen 5.000 zunächst selbst gezahlt werden. Zum Vermögen zählen auch Kapital-, z.B. Lebensversicherungen. Sterbegeldversicherungen zählen grundsätzlich nicht zum Vermögen

Der nicht getrennt lebende Ehepartner/Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz wird zum Sozialhilfeempfänger. Ihm stehen Freibeträge zu und er hat Anspruch auf die angemessenen Kosten der Unterkunft

Beispielrechnung – Ehegatte /Lebenspartner wohnt zur Miete

Grundbetrag in Höhe des Zweifachen des Regelbedarfs (derzeit 502,00 €)

  1.004,00 €

Familienzuschlag in Höhe von 70 % des Regelbedarfs

     354,90 €

Kosten der Unterkunft (Nettomiete+Nebenkosten+Heizung+Pauschale für Strom) z.B.

     700,00 €

Summe

  2.058,90 €

Rente des nicht im Heim lebenden Ehegatten

   1.600,00 €

Fehlbetrag , d.h. Ehegatte muss nichts zahlen, diesen Betrag zahlt das Sozialamt

   -458.90 €

 

Beispielrechnung – Ehegatte / Lebenspartner wohnt im eigenen Haus

Wohnt der Ehegatte/Lebenspartner im eigenen Haus, so sind die Nebenkosten zu übernehmen. Die ersparte Miete wird als Einkommen gerechnet. Betragen die mtl. Nebenkosten + Heizung + Strom z.B. 400,00 € ergäbe sich folgende Rechnung

Grundbetrag in Höhe des Zweifachen des Regelbedarfs (derzeit 502,00 €)

    1.004,00 €

Familienzuschlag in Höhe von 70 % des Regelbedarfs

       354,90 €

Nebenkosten + Heizung + Strom

       400,00 €

Summe

    1.758,90 €

Abzüglich ersparte Nettomiete

      -500,00 €

Freibetrag

    1.258.90 €

Rente des nicht im Heim lebenden Ehegatten/Lebenspartners

    1.600,00 €

abzüglich Freibetrag Bedarf

  - 1.258,90 €

Der Ehegatte muss zahlen

       342,00 €

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Muss das Haus, die Wohnung verkauft werden?

Zum Vermögen gehört auch das von dem Ehegatten/Lebenspartner selbst bewohnte angemessene Familienheim. Dabei macht es keinen Unterschied, ob dies nur einem der Ehegatten/Lebenspartner oder beiden gehört.  Dieses ist aber nur so lange geschützt, solange der Ehegatte/Lebenspartner noch im Familienheim wohnt. Nach der Rechtsprechung wird als angemessenen betrachtet, ein Reihenhaus bis zu 250 qm, bei einer Doppelhaushälfte bis zu 350 qm und bei einem freistehenden Haus bis zu 500 qm.

Grundsätzlich ist das selbst genutzte eigene Haus Vermögen, welches im Prinzip für die ungedeckten Kosten im Pflegeheim einzusetzen wäre.

Gem. §90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII (Bundessozialhilfegesetz) ist jedoch geschützt

"ein angemessenes Hausgrundstück, das von der nachfragenden Person oder einer anderen in den § 19 Abs. 1 bis 3 genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach ihrem Tod von ihren Angehörigen bewohnt werden soll.

Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (zum Beispiel behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudes,"

Bisher gelten idR 120 qm als Wohnfläche für 2 Personen als angemessen und eine Grundstücksfläche von ca. 300 qm. Dies ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Für 1 Person gelten 50 qm als angemessen.

Somit ist grundsätzlich ein Haus, in dem mehr als ca. 50 qm vom Ehepartner/Lebenspartner genutzt wird, nicht mehr angemessen und es müsste dem Grunde nach verkauft werden. Eine andere Möglichkeit ist die (ggf. teilweise) Vermietung.
Kommt eine Teilvermietung aufgrund der Beschaffenheit nicht in Frage, so kann der verbliebene Ehegatte/Lebenspartner aber noch im Haus, in der Eigentumswohnung verbleiben, so kann die Sozialhilfe (die Zahlung der ungedeckten Pflegekosten) als Darlehn bis zum Tod oder Auszug des verbleibenden Ehegatten gewährt werden.

§ 91 SGB XII

"Soweit nach § 90 für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für die, die es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, soll die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden. Die Leistungserbringung kann davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird."

Rechtzeitig Vorsorge treffen, um das Familienheim zu schützen

Soweit ein Haus, eine Eigentumswohnung selbst bewohnt wird und man Kinder hat, empfiehlt es sich, rechtzeitig dies den Kindern zu überschreiben. Man behält sich aber ein lebenslanges Wohn- oder  Nutzungsrecht vor, welches erlischt, wenn man in ein Pflegeheim kommt. 
Da Schenkungen, welche innerhalb von 10 Jahren getätigt worden sind, der Sozialhilfeträger grundsätzlich vom Beschenkten zurückfordert, wenn der Schenker sozialhilfebedürftig geworden ist (da er die Pflegekosten aus eigenem Einkommen und Vermögen nicht zahlen kann), sollte eine solche Übertragung des Wohngrundstückes oder Eigentumswohnung frühzeitig erfolgen.
Bei Einräumung des Nutzungs-/Nießbrauchrechtes bleibt der Übergeber (künftige Pflegebedürftige) weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer. Er kann das Haus oder ein Teil davon vermieten, nur nicht verkaufen oder Schulden aufnehmen, es sei denn der Übernehmer (das Kind, welches das Haus erhalten hat) stimmt dem zu.
Der Unterschied zwischen einem Wohnrecht und einem Nutzungsrecht besteht darin, dass der Wohnberechtigte das Haus, die Wohnung nur selbst mit seinem Ehepartner bewohnen und nicht vermieten darf. Der Nutzungsberechtigte ist zwar kein Eigentümer mehr, bleibt wirtschaftlich aber Berechtigter. Er kann das Haus, die Eigentumswohung vollständig oder teilweise vermieten und erhält die Miete. Der Nutzungsberechtigte kann das Haus/die Eigentumswohnung nicht verkaufen oder belasten (z.B. einen Kredit aufnehmen).

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