Michael Baczko Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht

Rechtstipps zum erfolgreichen Umgang mit Behörden, Gerichten u.a.

Wann müssen Kinder die Pflegekosten für die Eltern zahlen?

Müssen Kinder Pflegekosten für Eltern zahlen ?

Beträgt das zu versteuernde Jahreseinkommen des Kindes mehr als 100.000 € im Jahr, muss sich das Kind je nach seiner Leistungsfähigkeit an den Kosten der Pflege seiner Eltern beteiligen.

Auskunftsaufforderung des Sozialamtes

Bezieht ein Elternteil Sozialhilfe, fordert die Sozialhilfebehörde von dem, dem Grunde nach unterhaltspflichtigem Kind, Auskunft über dessen Einkommen und Vermögen und das Einkommen des Ehegatten des Kindes.

Verfügt das unterhaltspflichtige Kind über ein zu versteuerndes jährliches Einkommen von nicht mehr als 100.000 €, so ist es ausreichend, dem Sozialamt die letzte Jahresgehaltsabrechnung und die Gehaltsabrechnungen des laufenden Jahres zu übermitteln. Weitere Auskünfte müssen nicht erteilt werden.

Verfügt das unterhaltspflichtige Kind über ein jährlich zu versteuerndes Einkommen von mehr als 100.000€, empfiehlt es sich einen Rechtsanwalt, welcher sich im Elternunterhalt auskennt, aufzusuchen.

Eventuell fragt das Sozialamt nach Schenkungen der Eltern und sonstigen Ansprüchen.
Solche Fragen sollte man erst nach Rücksprache mit einem Rechtsanwalt erteilen. Näheres zu der Problematik des Übergangs von sonstigen Ansprüchen (Schenkungsrückforderung, Abgeltung von Wohnrechten, Darlehensrückforderung etc.) siehe Kapitel „Sonstige Ansprüche“

Das Vermögen des Ehegatten des unterhaltspflichtigen Kindes darf nicht zum Elternunterhalt herangezogen werden.

Wenn das Kind Unterhalt zahlen muss, so wird nicht nur dessen Einkommen und das Einkommen des Ehegatten berücksichtigt, sondern auch, unter Berücksichtigung von Freibeträgen, das Vermögen des unterhaltspflichtigen Kindes. Das Vermögen des Schwiegerkindes darf, im Gegensatz zum Einkommen des Schwiegerkindes nicht zum Elternunterhalt herangezogen werden.

Wenn die mögliche Gefahr besteht, Elternunterhalt zahlen zu müssen, empfiehlt es sich, rechtzeitig Vorsorge durch Aufteilung des Vermögens z.B. unter den Ehegatten, zu treffen, damit das Vermögen des Kindes weitgehendst dem möglichen Zugriff des Sozialamtes entzogen wird. Hierbei benötigt man die Beratung eines Rechtsanwaltes und eines Steuerberaters.

Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet und besteht gemeinsames Vermögen, insbesondere Immobilienvermögen, so ist zu überlegen, ob das unterhaltspflichtige Kind nicht im Wege der ehelichen Zuwendung dem Ehepartner/der Ehepartnerin ein Teil des Vermögens überträgt. Dies muss aber geschehen, bevor der pflegebedürftige Elternteil die ungedeckten Pflegekosten nicht mehr zahlen kann.

Wenn das das zu versteuernde Jahreseinkommen des unterhaltspflichtigen Kindes im Jahr 100.000,00 überschreitet, wird das Einkommen des Ehegatten/Lebenspartners dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes hinzugerechnet. Man spricht von einer verdeckten Schwiegerkinderhaftung.

Aufgrund der zu berücksichtigen Ausgaben und eines Freibetrages für den Ehegatten/Lebenspartner berechnet das Sozialamt, ob und in welcher Höhe vom unterhaltspflichtigen Kind Unterhalt zu zahlen ist.

Wie errechnet sich der zu zahlende Elternunterhalt – Unterhaltsfreibeträge

Der Unterhalt, welche an den Elternteil zu zahlen ist, berechnet sich so, daß das Einkommen des Kindes abzüglich zu berücksichtigender Ausgaben, wie berufsbedingte Aufwendungen, außergewöhnliche Belastungen, Ratenzahlung etc. ermittelt wird.
Von diesem bereinigten Einkommen wird der Selbstbehalt des Kindes und ggf. Ehegatten und Kinder abgezogen. Von dem Unterschiedsbetrag (bereinigtes Einkommen abzüglich des Selbstbehaltes) müssen von einem Alleinstehenden 50 % Unterhalt gezahlt werden. Bei Verheirateten ist die Berechnung etwas komplizierter.

In allen mir derzeit bekannten Fällen in denen Kinder, die ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 100.000€ im Jahr erzielen, hat der Sozialhilfeträger bei der   Unterhaltsberechnung Selbstbehalte in Höhe von 1.800€ - 2.000€ zugrunde gelegt. Diese Beträge galten jedoch nur bis 2019.

Die Leitlinien zum Elternunterhalt legen seit 2020 nicht mehr, wie bis 2019, feste Beträge für den Bedarf des Kindes und dessen Ehegatten fest.
Nunmehr regelt Nr. 19 der Düsseldorfer Tabelle folgendes:

D. Verwandtenunterhalt und Unterhalt nach § 1615 I BGB

I. Angemessener Selbstbehalt gegenüber den Eltern:
Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen.
Bei dessen Bemessung sind Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigenentlastungsgesetz) vom 10.Dezember 2019 (BGBl I S.2135) zu beachten.

Entsprechende Ausführungen finden sich auch in den Unterhaltsleitlinien anderer Oberlandesgerichte.

Im Angehörigenentlastungsgesetz vom 10. Dezember 2019 ist geregelt, dass Kinder erst dann zum Unterhalt ihrer Eltern herangezogen werden dürfen, wenn diese ein zu versteuerndes Einkommen mehr als 100.000 € jährlich erzielen.

Daraus errechnet sich ein Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes von 5.000 EUR und bei Zusammenleben des Kindes mit einem Ehegatten ein Familiensockelselbstbehalt 9.000 EUR. Wie hoch seit 2020 der Selbstbehalt angesetzt werden muss, ist derzeit noch streitig. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes hierzu ist derzeit noch nicht bekannt.

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