Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht Michael Baczko

Kanzlei für Erb-, Senioren- und Sozialrecht - gegründet von RA Baczko senior 1951

Wie verhalte ich mich als Kind gegenüber dem Sozialamt

Vorbemerkung: Soweit die Rede vom Sozialamt ist, ist dies im übertragenen Sinne gemeint. Die Zuständigkeit ist je nach Bundesland verschieden. In Bayern sind für die Sozialhilfe für Pflegebedürftige die Landratsämter zuständig. Nur in Ausnahmefällen einzelne größere Städte.
Unter Partner/Lebenspartner versteht das Gesetz dem eingetragenen Partner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. 
Nachfolgende Ausführungen gelten auch für den Fall, dass die Eltern/der Elternteil nicht pflegebedüftig sind, aber Grundssicherung/Sozialhilfe nach dem Sozialhilfegesetz erhalten,

Reichen das Einkommen und Vermögen des Pflegebeürftigen und seines Ehegatten/Partner und die Leistungen der Pflegeversicherung nicht aus, um die Pflegekosten zu bezahlen, muss die Sozialhilfe die ungedeckten Pflegekosten übernehmen.

Zunächst fordert das Sozialamt vom Ehegatten/Partner Auskunft. Diese muss erteilt werden.

§ 61 SGB XII Leistungsberechtigte

Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.

Wenn ein Ehegatte in Pflegeheim wohnt, lebt er nach dem Gesetz nicht von seinem Ehegatten/Partner getrennt.

Soweit der Ehegatte/Partner nicht oder nicht voll die ungedeckten Pflegekosten zahlen kann, schreibt  das Sozialamt die Kinder des Pflegebedürftigen an und fordert Auskunft.

Bei der Auskunftsaufforderung  des Sozialamtes ist zu unterscheiden zwischen der Auskunftsaufforderung über das Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen und dessen Ehegatten/Partners und der Auskunftsaufforderung über das Einkommen und Vermögen des Kindes.

Soweit der pflegebedürftigen Elternteil dem Kind keine Vollmacht erteilt hat. muss und kann dieses keine Auskunft über das Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen erteilen, 


Sollte der Pflegebedürftige nicht unter Betreuung steht und hat keine Vollmacht erteilt hat, muss er selbst die Auskünfte erteilen. Gegebenenfalls muss beim Betreuungsgericht ein Antrag auf Betreuung gestellt werden.

Sollte eine Vollmacht erteilt worden sein, so darf die Bank/Sparkasse etc. dem Bevollmächtigten nur Auskunft erteilen, wenn diesem eine notarielle Vollmacht oder Kontovollmacht erteilt wurde. Ist dies nicht der Fall muss eine Betreuung beim Betreuungsgericht beantragt werden.

Die Sozialhilfe fragt neben dem Einkommen auch nach dem Vermögen des Pflegebedürftigen. Weiterhin verlangt es die Kontoauszüge des Pflegbedürftigen, teilweise bis zu 10 Jahre zurück.


Hintergrund ist, dass wenn der Pflegebedürftige in der Vergangenheit größere finanzielle Verfügungen vorgenommen hat, das Sozialamt wissen will, mit welchem Rechtsgrund der Pflegebedürftige diese Verfügungen vorgenommen hat.
Es könnte eine Schenkung vorliegen.


Selbst, wenn man eine Vollmacht des Pflegebedürftigen hat, kann man darauf hinweisen, dass der Pflegebedürftige diese Verfügung(en) selbst vorgenommen hat und man, auch als Vertreter keine Auskunft erteilen kann, weil man über die Vorgänge nicht Bescheid weiß.
Wenn einem Vollmacht erteilt wurde, bedeutet das nicht, dass man umfassend zur Auskunft über Sachverhalte verpflichtet ist, von denen man nichts weiß. Bezüglich dieser Problematik sollte man ggf. Rat bei einem Fachanwalt für Sozialrecht einholen.

Das Sozialamt muss in Vorleistung gehen. Erst dann darf es Auskunft vom Kind fordern. Sollte das Sozialamt gleichzeitig mit der Auskunftsfoderung über das Einkommen und Verrmögen des Pflegebedürftigrn auch Auskünfte von dem Kind des Pflegebedürftigen fordern und die Sozialhilfe noch nicht die ungedeckten Heimkosten zahlen, kann man das Sozialamt darauf hinweisen, dass nach § 94 SGB XII der Unterhaltsanspruch und somit der Auskunftsanspruch auf das "Sozialamt" erst dann übergeht, wenn dieses zahlt. 


Es kommt immer wieder vor, dass das Sozialamt, selbst, wenn feststeht, dass der Pflegebedürftige aus eigenem Einkommen und Vermögen die ungedeckten Heimkosten nicht tragen kann, das Sozialamt nicht zahlt, weil das Kind/die Kinder keine Auskunft erteilt hat/haben oder eine Schenkung im Raume steht.


D i e s   i s t  r e c h t s w i d r i g !!!


Unter Hinweis auf § 93 und § 94 SGB XII und § 18 SGB XII  kann man das Sozialamt darauf hinweisen, dass dieses zunächst zahlen muss kann und dem Sozialamt Klage androhen, wenn es sich weiterhin weigert die ungedeckten Pflegekosten zu zahlen.

§ 18 SGB XII Einsetzen der Sozialhilfe

  1. Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen.

 

Aufgrund dieser Vorschrift kann jeder beim Sozialamt einen „Antrag“ auf Sozialhilfe für den Pflegebedürftigen stellen. Oft machen das auch die Pflegeheime.

Das Sozialamt muss innerhalb von 6 Monaten über den Sozialhilfeantrag entscheiden. Über einen Widerspruch innerhalb von 3 Monaten.


Sollte kurz vor Ablauf dieser Frist noch kein Bescheid oder Widerspruchsbescheid zugestellt worden sein, kann man das Sozialamt schriftlich – per Einschreiben – Rückschein – oder persönliche Abgabe in Anwesenheit eines Zeugen und Bestätigung des Eingangs auf einer Kopie dieses Schreibens, das Sozialamt auffordern unverzüglich – innerhalb 2 Wochen – einen Bescheid oder Widerspruchsbescheid zu erlassen und mit einer Untätigkeitsklage drohen.

Zahlt das Sozialamt die ungedeckten Pflegekosten, darf dieses nunmehr von den Kindern Auskunft über deren Einkommen aber  n i c h t über deren Vermögen oder das Einkommen des Ehegatten/Partners fordern.
Hat das Kind ein zu versteuerndes Einkommen von nicht mehr als 100.000,00 € im Jahr, genügt die Übersendung des letzten Einkommenssteuerbescheides und der letzten Jahreslohnabrechnung oder eines sonstigen Einkommensnachweises. Das Sozialamt darf dann keine weiteren Auskünfte über Einkommen und/ oder Vermögen des Kindes fordern. Sollte das zu versteuernde Jahreseinkommen des Kindes 100.000,00 übersteigen, ist es seinem pflegebeürftigen Elternteil zum Unterhalt verpflichtet.

Sollte für den Pflegebedürftigen ein Wohn- oder Nutzungsrecht bestehen empfiehlt es sich anwaltlichen Rat in Anspruch zu nehmen, bevor diese Auskunft erteilt wird,

Entsprechendes gilt (s.o.) wenn der Pflegebedürftige in den letzten 10 Jahren Schenkungen gemacht hat.

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